Gibt es ein Zuviel an Customer Experience?

Der Kunde ist König. Der Kunde hat immer Recht. Die Bedürfnisse des Kunden sind das Wichtigste. Klingt irgendwie nach dem letzten Jahrhundert. Nach Katzbuckeln statt Augenhöhe.


Der Wunsch, es dem Kunden immer recht machen zu wollen, kann tatsächlich auch nach hinten losgehen. Was das bei Kunden anrichten kann, erzählen wir in unseren Status-Workshops gerne anhand dieser Geschichte:

Eine Frau geht jeden Morgen zum Bäcker, um frische Kipferln für ihren Mann zu holen. Sie tut es sehr ungern, aber sie tut es ihrem geliebten Mann zuliebe. Ihr Mann isst jeden Morgen die frischen Kipferln. Er hätte viel lieber etwas anderes, aber er isst die Kipferln seiner geliebten Frau zuliebe. (Quelle:Paul Watzlawick)


Das liebende Ehepaar ist in einer Spirale gefangen, die sich immer weiter nach unten dreht. Die vermeintliche Fürsorge wird zur Bevormundung. Der Status der beiden wird im Laufe der Zeit immer tiefer und belastender – sie ziehen sich regelrecht gegenseitig nach unten: Sie hat das Gefühl, sich aufzuopfern, obwohl sie ihm doch nur einen Liebesdienst erweisen möchte. Er fühlt sich erdrückt von ihrer Fürsorge und kommt nie zu einem Frühstück, das ihm schmeckt.

Du wirst zwar selten Kipferln für deine Kunden kaufen – aber die folgenden fünf Punkte sind vielleicht gar nicht so weit hergeholt …

Automatisierte Empfehlungen abgeben ohne Berücksichtigung individueller Vorlieben:
Viele Streaming-Dienste oder Online-Shops nutzen Algorithmen, um Produkte oder Inhalte basierend auf vergangenen Käufen oder Ansichten zu empfehlen. Wenn diese Empfehlungen jedoch so dominant werden, dass sie den Benutzer fast zwingen, sich in eine bestimmte Richtung zu bewegen, kann dies als Bevormundung empfunden werden. Wenn ein Kunde das Gefühl bekommt, dass seine eigenen Präferenzen ignoriert werden, und dass der Dienst zu sehr versucht, seine Entscheidungen zu lenken – dann drücken wir den Kunden in seinem Status tief nach unten – von CX bleibt nichts mehr übrig.

Übermäßige Personalisierung :
Einige Unternehmen gehen so weit, ihre Dienstleistungen und Produkte so stark zu personalisieren, dass es die Freiheit des Kunden einschränkt. Ein Beispiel wäre ein Hotel, das auf Basis von früheren Aufenthalten zu viele Annahmen trifft – etwa das Zimmer immer in der gleichen Weise vorbereitet oder spezifische Speisen automatisch bereitstellt, ohne den Gast vorher zu fragen. Dies kann dem Gast das Gefühl geben, dass er keine Wahl mehr hat und die persönliche Note aufdringlich wirkt. Der Kunde erleidet das gleiche Schicksal wie den Ehemann.

Ungewollte Benachrichtigungen und Erinnerungen: Unternehmen, die ihren Kunden ständig Erinnerungen schicken – sei es für das Nachkaufen von Produkten, die Verlängerung von Abos oder Erinnerungen an Termine – laufen Gefahr, als zu fürsorglich und bevormundend wahrgenommen zu werden. Dies könnte besonders störend sein, wenn der Kunde das Gefühl hat, dass seine eigene Selbstbestimmtheit untergraben wird. Auch hier kann das CX-Pendel schnell ins ungewollte Gegenteil ausschlagen.

Übermäßige Nachverfolgung des Kundenverhaltens: Einige Unternehmen verfolgen die Online-Aktivitäten ihrer Kunden so genau, dass sie fast sofort reagieren, wenn ein Kunde ein Problem hat oder unschlüssig wirkt. Obwohl dies als Kundenservice gedacht ist, kann es schnell aufdringlich wirken.

Kundenbindungsprogramme, die zu stark auf Verpflichtung setzen:
Einige Treueprogramme setzen Kunden unter Druck, bestimmte Schritte zu unternehmen, um Belohnungen zu erhalten. Wenn Kunden das Gefühl haben, dass sie „gezwungen“ werden, an bestimmten Aktionen teilzunehmen, um weiterhin als „wertvolle“ Kunden behandelt zu werden, kann dies den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen die Kunden in eine Richtung drängt, die sie möglicherweise nicht wünschen.


So schnell kann es gehen, dass wir vor lauter Customer Experience-Eifer, den Status unserer Kunden untergraben. Gottseidank gibt es viele Ansätze, den Status der Kunden zu heben – sich nahestehen, das Ansehen heben, Zeit geben, … alles im wahrsten Sinne des Wortes. Mehr dazu gibt es in unseren Statustrainings – hier findest du alle Infos darüber:

Gerne bieten wir zu diesem Thema auch Vorträge an.

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