Alexandra Nagy [00:00:02]:

In der heutigen Folge tauchen wir mit unserem Sound of Customers in eine ganz tolle Landschaft ein. Es rauscht dort, es ist lebendig, die Vögel kreischen und die Tiere flitzen herum. Diesen Sound hat unser Gast mitgebracht. Er ist seit 13 Jahren CEO von DHL Express in Österreich. Und er erzählt uns, wie sie 30.000 Kundenkontaktpunkte pro Tag managen und warum Speipsackerln bei Ihnen kaum eine Rolle spielen.

Ralf Schweighöfer [00:00:35]:

Alles was wir tun, tun wir, weil Kunden das von uns benötigen. Ich bin seit über 36 Jahren im Konzern Deutsche Post DHL und habe davon die letzten 13 Jahre als Geschäftsführer und CEO bei der DHL-Express in Österreich verbracht. Ja, mein Name ist Ralf Schweighöfer, habe zwei erwachsene Töchter und seit drei Jahren tatsächlich dann auch den Hugo, meinen Enkel.

Alexandra Nagy [00:01:10]:

Herzlich willkommen bei Sound of Customers. Wie hört sich Customer Experience an? Wie kann dein Unternehmer noch besser gehört werden? Hol dir Inspirationen und Tipps. In jeder Folge bringen unsere Gäste ihren ganz besonderen Sound mit und erzählen uns, wie sie ihr Unternehmen für Kunden und Kundinnen so richtig zum Klingeln bringen. Schön, dass du reinhörst bei unserem Podcast von Kunde21. Wir sind Alexandra und Barbara.

Barbara Aigner [00:01:46]:

Herzlich willkommen, Ralf Schweighöfer, seit 13 Jahren CEO bei DHL Express Österreich. Lieber Ralf, wir freuen uns sehr, dass du bei uns bist, bei unserem Podcast Sound of Customers. Herzlich willkommen.

Ralf Schweighöfer [00:01:57]:

Herzlichen Dank, dass ich bei euch sein darf.

Barbara Aigner [00:02:00]:

Das ist ganz wunderbar. Und lieber Ralf, du hast uns natürlich auch deinen Sound der Kundenorientierung mitgebracht, so wie für dich Custom Experience klingt. Und da hören wir jetzt gerne mal kurz hinein. Also wir hören schon, es ist ein wunderbares Regenwaldrauschen und plätschern. Erzähle uns doch ein bisschen mehr dazu. Warum hast du gerade diesen Sound ausgewählt? Warum gerade der Regenwald?

Ralf Schweighöfer [00:02:55]:

Ja, ich glaube, wenn ich drauf schaue, wie bei uns das Thema Kundenorientierung, Kunden oder Customer Experience Management abläuft, dann haben wir ja jeden Tag, ich glaube, weit über 2000 Calls von Kunden. Wir haben jeden Tag über 30.000 Kunden Kontaktpunkte, wo wir Pakete an Kunden zustellen, Sendungen von Kunden abholen. Und das ist eigentlich so das, was wir als Grundrauschen sehen und Und und was man eben immer mit so einer permanenten Geräuschkulisse erlebt. Das ist relativ unspektakulär, aber eben doch sehr, sehr lebendig. Und dann kommt es halt auch immer mal vor, wenn wenn es dann so ein Platzregen gibt. Das ist bei uns so zum Beispiel in wir nennen das Peak, also zum Beispiel in der Vorweihnachtszeit, wenn die Sendungsmenge massiv ansteigt und natürlich viel, viel mehr Kundenkontaktpunkte sind. Wir grundsätzlich schauen müssen, wie bekommen wir das alles abgewickelt? Wie verstärkt man den Customer Service? Wie gehen wir damit einfach um? Mit diesen Unmengen von Paketsendungen. Das ist dann eben das, wo ja quasi der Starkregen kommt. Und manchmal, wenn dann auch was schief geht, das ist dann das Gewitter, was man hört, wenn der Kunde, ja, wenn Flieger still steht, wenn wir im Stau stehen und können das Service nicht so erbringen, wie wir das möchten und wie der Kunde das eigentlich benötigt. Deswegen finde ich diesen Regenwald-Sound einfach sehr repräsentativ für das, wie wir diese Customer Experience erleben.

Alexandra Nagy [00:04:44]:

Also ein sehr treffender Sound, muss ich sagen. Ich habe da in meiner Vorstellung mit dem Regenwald alles schleucht und feucht. Also es ist total viel los und viel in Bewegung, so stelle ich mir das jetzt vor. Schön, dass du uns da in dieser Welt

Barbara Aigner [00:05:01]:

mitgenommen hast, Ralf. Du und Alexandra, jeder der schon einmal bei euch, Ralf, ja in Gundramsdorf auch an diesem Haupt- und Großenstandort war und wir hatten ja die Ehre, euch auch schon einmal besuchen zu dürfen und dort zu sein. Dort marschieren ja wirklich die Packerln rein und raus, die Fahrer sind da. Also da tut sich ja genauso viel wie im Regenwald.

Ralf Schweighöfer [00:05:23]:

Genau.

Alexandra Nagy [00:05:25]:

Jetzt wissen wir ja auch schon von euren Top Service Österreich Beteiligungen, dass ihr wirklich herausragend auch seid in der Serviceorientierung, in der Kundenorientierung. Jetzt hast du uns aber erzählt, 30.000

Ralf Schweighöfer [00:05:41]:

Kundenkontaktpunkte.

Alexandra Nagy [00:05:43]:

Wie kann man sowas managen? Also wie kannst du jetzt, bist du ja schon 13 Jahre CEO, das heißt, du kannst dir schon auf eine Menge Erfahrung auch zurückblicken.

Ralf Schweighöfer [00:05:53]:

Wie gelingt euch das? Ich glaube, das steht und fällt mit top ausgebildeten Mitarbeitern. Ich habe ja die feste Überzeugung, dass Kundenorientierung immer mit den Mitarbeitern beginnen muss. Und es gab vor ein paar Jahren einen Artikel im Harvard Business Journal zum Thema The Human Sigma. Und das hat genau darauf abgehoben, dass am Ende des Tages ich es nur dann schaffe, Kunden zu begeistern, wenn ich meine Mitarbeiter begeistert. Und damit beginnt es eigentlich. Und ihr wisst es ja auch. Wir engagieren uns ja auch für das Thema Great Place to Work, was uns einfach extrem wichtig ist. Und es hat vor vielen Jahren damit begonnen, dass wir in sämtlichen Trainings, die wir für unsere Mitarbeiter machen, dieses Thema Kundenorientierung absolut in den Mittelpunkt stellen und bei uns eigentlich niemand beginnen darf, ohne dass er bestimmte Trainings gemacht hat, ohne dass er verstanden hat, warum tun wir das eigentlich? Warum sind wir die DL Express? Und und wieso ist es so wichtig für unsere Kunden, dass wir das, was wir tun, gut machen und mit Begeisterung tun? Und das zieht sich bei uns durch alle Trainings. Und deswegen beginnt es mit den Mitarbeitern. Und wir haben dort sehr, sehr viel Vertrauen in unsere Mitarbeiter, dass die dann wirklich an sämtlichen Kontaktpunkten auch einen tollen Job machen, um die Kunden zu finden.

Barbara Aigner [00:07:34]:

Kannst du uns da, Ralph, noch ein bisschen was erzählen? Weil ich kann mich erinnern, wie du den Job auch damals in Österreich angetreten hast, war DHL Express oder hatte DHL Express nicht die Position, die es heute einnimmt, sowohl was das Thema Kundenorientierung betrifft, aber auch die ökonomische Komponente. Und viele Unternehmen oder auch CEOs von Unternehmen sagen ja auch oft,

Ralf Schweighöfer [00:07:59]:

dass Kundenorientierung

Barbara Aigner [00:08:00]:

nicht notgedrungen auch zu einem ökonomischen Erfolg führt. Bei dir weiß ich, dass du sagst, Kundenorientierung führt absolut zu ökonomischem Erfolg. Kannst du uns da noch so ein bisschen was erzählen über die letzten Jahre, was du verändert hast und wie sich das in der Ökonomie auch gezeigt hat, in eurem ökonomischen Erfolg? Also ich glaube,

Ralf Schweighöfer [00:08:24]:

dass wir ganz häufig in der Wirtschaft den Fehler machen, dass wir sagen, okay, Wir brauchen besser motiviertes Personal. Also schau ich meine Personalchefin an und sag ihr, du musst aber was dafür tun. Setz mal ein Programm auf, dass das Personal besser ausgebildet und motivierter ist. Und wenn ich Herausforderungen auf der Kundenseite habe, dann schaue ich meinen Customer Service Chef an oder sage, ich brauche einen Customer Experience Manager und lade die Verantwortung auf diese Person, was die Customer Experience angeht. Ich glaube, der große Unterschied bei der Aliexpress ist, dass alle von uns alles sind. Das heißt, für Mitarbeiter- Motivation und Engagement bin ich verantwortlich, sind meine Board- Kollegen verantwortlich und ist jeder einzelne Manager, Supervisor und Teamleader im Unternehmen verantwortlich. Für Customer-Centricity oder wie es bei uns heißt, Unsere Insanely Customer-Centric Culture, also wirklich unsere absolute Kundenorientierung. Da bin ich für verantwortlich, da sind meine Bot-Kolleginnen und Kollegen für verantwortlich, ist jede einzelne Managerin und Manager für verantwortlich, jeder Supervisor und jeder Teamleiter. Und das ist die Philosophie, die wir haben. Natürlich haben wir Spezialisten für einzelne Funktionen, die das operative Doing im Tagesgeschäft machen müssen. Aber ich glaube, was uns unterscheidet, was am Ende auch das Erfolgserlebnis von Daily Express weltweit in den letzten Jahren ausmacht, ist, dass wir die Philosophie haben, dass wir herausragend ausgebildete und motivierte Mitarbeiter brauchen, dass diese Mitarbeiter einen herausragenden Service erbringen. Dieser herausragende Service führt zu loyalen Kunden und alles das, all diese drei Säulen führt am Ende des Tages auch zu einem profitablen Ergebnis. Und das haben wir jetzt seit 12, 13 Jahren sehr konsequent umgesetzt, nicht nur in Österreich, aber eben auch in Österreich, aber auch weltweit. Und tragen als Division der LXpress ein Viertel zu dem Jahresertrag des DAX-notierten Konzerns Deutsche Post DHL bei. Und ich glaube, das ist der Punkt. Und auch in Österreich haben wir, ja, als ich übernommen habe, 2011, steckten wir eher in herausfordernden Zeiten und haben dann in den letzten Jahren unsere Profitabilität sequenziell permanent verbessert und gesteigert.

Alexandra Nagy [00:11:26]:

Ralf, da möchte ich gerne nochmal nachfragen. Das Thema Mitarbeitende und auch Ausbildung, da hast du es jetzt schon mehrmals genannt. Wir kennen das auch von anderen Branchen, die vielleicht jetzt auch Aufgaben haben, wie jetzt Beispiel Paketzusteller, was jetzt vielleicht auch, es auch schwierig ist, da neue oder genügend Mitarbeitende zu finden. Vielleicht, das kannst du uns gleich noch erzählen, ob das bei euch auch so ist, aber es geht darum, dass in manchen Branchen eine relativ hohe Fluktuation ist. Das heißt, Unternehmen halten sich eher zurück mit der Ausbildung zum Start, weil sie auch davon ausgehen können, erstens mal Ausbildungen sind teuer, brauchen viel Zeit und dann bleiben die Mitarbeitenden vielleicht dann nur kurz im Unternehmen, was natürlich dann auch vom Ressourceneinsatz nicht optimal ist. Auf der anderen Seite gute Ausbildung hält ja dann auch die Mitarbeitenden länger im Job und macht natürlich die Kunden auch glücklicher und zufriedener. Wie seht ihr denn das? Also Traut ihr euch gleich zu Beginn so viel in die neuen Mitarbeitenden zu investieren? Also setzt ihr da voll auf dieses Pferd sozusagen?

Ralf Schweighöfer [00:12:43]:

Ja, und zwar ohne Kompromiss. Also tatsächlich ist unser Geschäft ja dermaßen komplex mit Verstehen und Kennen von Zollvorschriften. Wenn ein Kurier bei uns ein Paket abholt, ist es ja in aller Regel bei uns nicht, dass es von Wien nach Linz geht oder von Wien nach Vorarlberg, sondern es geht von Wien nach Mexiko oder nach Shanghai oder nach Afrika irgendwo. Und Das heißt, der Kurier muss eben auch wissen, bei einer Sendung, die die EU verlässt, dass er noch Zolldokumente mitnehmen muss. Das ist auch ganz wichtig, dass diese Zolldokumente bei der Sendung sind und die nicht verlogen gehen unterwegs. Es gibt ganz, ganz viele Dinge, die bei uns natürlich zu beachten sind, die je Land sehr unterschiedlich sind, je nachdem, welche Länder welches Freihandelsabkommen mit der EU haben. Deswegen ist der Punkt, wenn bei uns jemand nicht gut ausgebildet ist von Anfang an, macht der von Anfang an Fehler, kostet uns von Anfang an Geld und kostet uns von Anfang an im Zweifelsfall auch Kunden, die verloren gehen, weil ja, weil ihre Sendung verloren geht, weil Zolldokumente verloren gehen. Wenn Zolldokumente verloren gehen, kann die Sendung nicht exportiert werden. Das heißt, unser Ganzes System funktioniert nur, wenn wir von Anfang an so genau wie möglich arbeiten. Und deswegen haben wir eben wirklich diese, dieses Training Certified International Specialist eingeführt, was wirklich ein Basistraining ist, weil, was alle 150.000 der Aliexpress-Mitarbeiter auf der ganzen Welt durchlaufen, in unterschiedlichen Sprachen, aber nichtsdestotrotz ein identisches Training. Und von diesem Training gibt es dann eben einfach nochmal mittlerweile, ich glaube, 250 verschiedene Module. Im Customer Service lerne ich eben Customer Service spezifische Module und Themen, zum Beispiel das Thema, wenn ein Kunde aufgeregt ist, unzufrieden ist, wie gehe ich denn mit demjenigen um? Wie akzeptiere ich denn einfach mal die Erregung? Und wie schaffe ich es dann einfach auch, einen frustrierten, verärgerten Kunden auch wieder dahin zu bringen, dass er mir zuhört, dass ich ihm zuhören kann und er mir auch sein Problem schildern kann. Und diese Trainings haben wir tatsächlich für alle Bereiche, für alle Funktionen, sei das Operations, Customer Service, Sales, aber es beginnt eben für alle auch mit dem Certified International Specialist und das zeigt einfach, Dieses Training, diese Basis, dass die Leute gut ausgebildet sind, hilft ihnen dann im täglichen Geschäft.

Alexandra Nagy [00:15:53]:

Für das Grundrauschen und für den Donner, der zwischendurch einmal hochkommt, auch dafür habt ihr genügend Ausbildungen. Sehr schön, da schließen wir wieder den Kreis zum Regenwald.

Barbara Aigner [00:16:05]:

Da hört man ja sehr schön eure Verrücktheit auch heraus, die Insanely Customer-Centric Culture. Kannst du uns da vielleicht noch ein, zwei Beispiele nennen, was euch so verrückt macht? Also was ist bei euch so besonders an eurer Customer-Centric-Culture und was unterscheidet euch auch von anderen Unternehmen? Weil verrückt sein bedeutet ja auch ein bisschen von der Norm abweichen.

Ralf Schweighöfer [00:16:31]:

Genau. Also wir sind ja eben ein globales Unternehmen. Wir, die Sendung, die wir für unsere Kunden in Österreich abholen, versenden wir eben in jedes Teil der Welt. Und wir haben es einmal zum Beispiel transparent gemacht, diese Verrücktheit, indem es, als wir 2014 diese Insanity Customer Centric Culture ausgerollt haben, weltweit, kam damit einher ein sogenanntes Spipe-Circle, worauf stand Insanely Customer-Centric. Unser damaliger Global CEO, der Ken Allen, hat immer gesagt, if we disappoint a customer, we should feel sick to the stomach. Also, wenn wir einen Kunden enttäuschen, sollte uns beibeübeln sein. Und ich glaube, das ist einfach so ein Punkt, der es ganz gut beschreibt. Und damit in mehr als 220 Ländern und Territorien unsere Mitarbeitenden einfach auch verstehen, was uns wichtig ist, brauchen wir natürlich häufig Dinge und Bilder, die man auf der ganzen Welt versteht. Und deswegen ist es teilweise, mag es gerade für unseren deutschsprachigen Kulturraum etwas überzeichnet sein, aber ja, wir haben zweifellos Eine sehr bildhafte Sprache bei uns und eben alle Trainings, die wir umsetzen, sind sehr, sehr stark bebildert. Und manchmal überzeichnen wir auch bewusst, um aber einfach auch die Mitarbeitenden zu sensibilisieren.

Alexandra Nagy [00:18:22]:

Also weil du sagst, bebildert Ralf, ich folge euch ja auch auf Social Media, weil man da auch erkennen kann, wie vielseitig die Dinge sind, die mit euch versendet werden. Und letztens habe ich ein Posting gesehen von einem Großwild, also ein lebendes Tier, und es war total spannend. Und auch da wurde dann darüber berichtet, was eure Mitarbeiter getan haben, damit dieses Tier auch wirklich gut und also für das Tier angenehm versendet werden kann. Also da habe ich mir gedacht, mit denen hätte ich nie gerechnet, was DHL alles macht. Also das hat auch sehr starke Bilder bei mir erzeugt.

Ralf Schweighöfer [00:19:06]:

Ja, tatsächlich ist das so. Und das erzeugt natürlich auch bei unseren Mitarbeitenden dann auch wieder starke Bilder. Aber ich glaube, das ist Ein ganz wichtiger Punkt, wie wir uns selbst verstehen, wie wir uns auch gegenseitig vertrauen müssen im Netzwerk. Weil wir halt wirklich davon ausgehen können, dass 90 Prozent aller Sendungen, aller Waren, die wir für unsere Kunden abholen in Österreich, wir relativ bald auf den Flieger laden oder in den LKW laden. Und dann muss ich darauf vertrauen, dass meine Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt mit ihrem Teams dafür sorgen, dass das gut und sicher zugestellt wird. Also das ist ein absolutes Vertrauensgeschäft und wo ich aber auch jederzeit weiß, ich kann meine Kollegin in Brasilien anrufen. Und wenn ich irgendein Kundenthema habe, dann wird sie sich darum kümmern, dass das so schnell wie möglich gelöst wird. Sehr schön,

Alexandra Nagy [00:20:10]:

mit Brasilien sind wir jetzt wieder beim Regenwald. Sehr schön. Ralf, Wir haben ja da noch eine Frage für dich, die stellen wir gerne auch immer unseren Gästen hier im Podcast. Und zwar, du als Führungskraft, jetzt bist du schon 13 Jahre CEO und du hast wahrscheinlich auch Visionen oder Ziele, wo du deine Organisation hinentwickeln möchtest. Auf der anderen Seite gibt es vielleicht auch Dinge, die euch nicht immer so gelingen. Im Sinne von tausend Mal probiert und tausend Mal ist nichts passiert. Fällt dir dazu irgendetwas ein? Also wo du sagst, da würdest du gerne noch hin oder deine Organisation noch hin entwickeln?

Ralf Schweighöfer [00:20:54]:

Also was mir da einfällt, ist tatsächlich eine Diskussion, die wir vor 18 Monaten etwa hatten. Wir haben ja eben dieses Training für Certified International Specialist und eine dieser vier Eigenschaften eines Certified International Specialist ist Right First Time, also Dinge beim ersten Mal richtig machen. Und gleichzeitig wünschen wir uns von unseren Teams Agilität und eben auch Fehler zu tun. Und Das ist natürlich bei unserer Organisation dann irgendwann aufgeschlagen. Also auch bei den Teamleadern, bei den Führungskräften, die gesagt haben, was wollen wir denn jetzt? Wollen wir beim ersten Mal alles richtig machen oder wollen wir Fehler zulassen? Und das finde ich einen sehr berechtigten Punkt. Und meine Antwort darauf ist am Ende des Tages, wir müssen neue Dinge ausprobieren und wenn wir neue Dinge ausprobieren, dann gehört es einfach dazu, dass wir Fehler machen. Wir brauchen da eine gute Fehlerkultur, wie wir eben damit umgehen, wenn Fehler passieren und was wir daraus lernen. Aber auf der anderen Seite, und dafür machen wir ja diese Trainings, Ich möchte nicht, dass wir Fehler machen aus Unwissenheit, also Fehler, die vermeidbar wären, die aber passieren, weil Mitarbeiter einfach schlecht ausgebildet sind. Das sind Fehler, die völlig unnötig sind, die den Kunden Geld kosten, die uns Geld kosten, und die auch am Ende des Tages die Teams frustrieren. Und ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Auf der einen Seite vermeidbare Fehler vermeiden, und vermeidbar sind alle Fehler, wo wir eigentlich durch Schulung, durch Einarbeiten der Teams schauen können, dass wir das vermeiden. Das andere ist dann tatsächlich Agilität. Die Rahmenbedingungen verändern sich. Wie reagieren wir also drauf? Und dazu gehören einfach dann auch zu, Dinge auszuprobieren und Fehler zu machen. Und ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Barbara Aigner [00:23:08]:

Das Ausprobieren und Fehler machen, das ist für mich ein sehr gutes Stichwort. Angenommen, du könntest eine Organisation jetzt vollkommen auf die grüne Wiese bauen oder setzen. Wie würdest du denn dann das Thema Custom Experience angehen, wenn es keine Beschränkungen oder Reglementierungen gibt, die man vielleicht aus der Vergangenheit so kennt?

Ralf Schweighöfer [00:23:29]:

Also ich würde tatsächlich gar nicht viel anders machen gegenüber dem, wie wir Dinge tun. Und der Grund ist relativ einfach. Als die DHL 1969 gegründet wurde, ist sie gegründet worden durch die Idee, dass die Verzollung von Waren, die per Schiff von San Francisco nach Honolulu geschickt wurden, über sechs Wochen gedauert hat. Und die Idee dahinter war, na gut, wenn wir die Zolldokumente vorab dem Zoll zur Verfügung stellen könnten, müsste ja dieser Prozess sich verkürzen lassen. Und so ist der Express entstanden. Das heißt, wir haben die Zolldokumente nach Honolulu geflogen. Die Löschung von diesem Flugzeug, von diesem Transportschiff ist von sechs Wochen auf drei Wochen verkürzt worden. Und danach haben wir uns im Grunde auf die Suche gemacht nach neuen Kunden-Kunden- Potenzialen. Und einer der ersten Kunden war dann die Firma Amex, American Express, die gesagt haben, wir müssen Monate drauf warten, bis das Geld fließt für unsere Kreditkartenabrechnung aus der arabischen Welt, weil das eben über die damaligen Postgesellschaften versendet wurde und das extrem lange dauerte. Das heißt, Wir haben dann im Grunde diese Papierbelege eingesammelt und haben das dann ins Head Office in die USA geflogen und damit war dieser ganze Inkasso-Prozess um Wochen verkürzt. Und wir sind in die Emirate und nach Saudi-Arabien gegangen, in den Nahen Osten, auf Anforderung von Amex. Wir hatten dort kein Büro. Wir waren nur in San Francisco und wir sind dann auf Kundenanforderung hin, dort hingegangen. Und wenn wir dann schauen, wie in den 70ern DHL gewachsen ist, dann sind wir immer dorthin gegangen, wo Kunden uns gebraucht haben. Und das heißt, und das ist das, was wir auch immer unseren Mitarbeitenden erklären. Ohne das sind wir gar nicht denkbar. Ohne das wären wir nicht da, wo wir heute sind. Das heißt, alles, was wir tun, tun wir, weil Kunden das von uns benötigen. Und Insofern steckt es einfach sehr, sehr tief in unserer DNA, uns sehr eng daran zu orientieren, was Kunden von uns brauchen.

Alexandra Nagy [00:26:11]:

Also ein total interessanter Sidestep jetzt über die Entstehungsgeschichte von DHL. Sehr spannend. Danke, Ralf. Und dieses mit San Francisco und Honolulu, das hast du jetzt, das waren keine Beispiele, sondern das waren tatsächlich diese zwei Orte? Das waren tatsächlich die beiden Orte. Okay, good to know. Ja, sehr spannend. Da möchte ich noch mal ganz kurz einhaken. Man sagt ja oft, dass die Kundenanforderungen, die Kategorien, die ein Unternehmen erfüllt oder die ursprünglichen Kategorien, wo ein Unternehmen dann sich gründet und groß wird, dass sich die eigentlich im Laufe der Zeit gar nicht so verändern, aber sehr wohl, wie man sie erfüllt. Und wenn ich dir jetzt so zuhöre, dann ist das Thema Schnelligkeit und Einfachheit für den Kunden etwas, was euch schon 1969 angetrieben hat und was sich aber jetzt von der Kategorie, also von der Anforderung der Kunden bis heute nicht verändert hat. Würdest du das auch so sehen?

Ralf Schweighöfer [00:27:18]:

Grundsätzlich ja, nur ist natürlich heute die Situation, dass wir tatsächlich weltweit auch standardisierte Prozesse haben, die sich bewährt haben. Und das macht uns teilweise natürlich unflexibler, als wenn wir wirklich für einen Kunden irgendwo in eine Destination gehen. Aber das war 1969. Heute sind wir in mehr als 220 Ländern und Territorien aktiv, sind tatsächlich mehr Länder als bei den Vereinten Nationen registriert sind. Und das führt natürlich dazu, dass wir teilweise dann auch unsere Prozesse auch immer wieder hinterfragen müssen. Und das machen wir derzeit gerade relativ extrem, indem wir, ja, weggehend von so einer reinen Touchpoint-Betrachtung hin zu wirklich Customer Journeys. Wir definieren gerade oder haben weltweit neun Customer Journeys definiert, wo wir sagen, wie erleben Kunden uns eigentlich in diesen Journeys? Und das ist eine große Herausforderung für unsere Organisation, weil die Touchpoints waren sehr, sehr eindeutig immer zuordnenbar einem Bereich, also der Operations, für die Zustellung, Customer Service für Nachfragen, Finance für Kunden, Stammdaten, Anlage, aber die Journeys interessiert ja tatsächlich nicht ein einzelner Touchpoint, sondern die Journey sorgte dafür, wie erlebt uns denn der Kunde auf seinem Weg durch das Unternehmen, wo er unter Umständen Kontakt mit verschiedenen Abteilungen hat. Insofern ist es so, Wo ich schon glaube, dass wir über die Jahre natürlich, dadurch, dass wir so gewachsen sind, dass wir professionelle Strukturen aufgebaut haben, da uns ein Stück weit sicherlich entfernt haben, durch diese Prozesse von dem, was einzelne Kunden möchten. Und jetzt glaube ich, mit NPA und mit dieser tiefen Analyse der Customer Journeys werden wir auch wieder schauen, wo können wir uns wieder den individuellen Wünschen der Kunden einfach besser annähern.

Barbara Aigner [00:29:33]:

Genial, du hast schon das Stichwort Customer Journey gebracht und auch individuelle Kundenwünsche. Du bist ja nicht nur als CEO tätig, sondern in deinem Privatleben, das du als Vater und auch als Opa, der den Hugo verwöhnt, ja auch als Kunde unterwegs. Hast du da irgendein herausragendes Kundenerlebnis, das du abschließend noch mit uns teilen möchtest?

Ralf Schweighöfer [00:29:54]:

Also ein ganz konkretes Erlebnis nicht, aber was ich immer ein schönes Beispiel finde, sind Restaurants. Und fast jeder von uns hat ein Lieblingsrestaurant. Und wenn man dann näher hinterschaut oder mal die Leute dann fragt, wieso ist dieses Restaurant dein Lieblingsrestaurant? Dann ist das ganz selten, weil es dort das beste Essen gibt. Sicherlich muss das Essen eine gute, vernünftige Qualität haben, aber ich gehe dorthin, weil ich dort ein gutes Service erfahre. Weil die Leute sehr herzlich sind oder sehr freundlich, weil ich mich dort zu Hause fühle. Und das ist, glaube ich, so ein guter Punkt, der einfach dieses Serviceorientierungsthema auch gut widerspiegeln kann. Ich brauche nicht den besten Koch. Ich brauche nicht fünf Hauben in meinem Lieblingsrestaurant, sondern ich muss das Gefühl haben, ich bin denen dort wichtig als Gast. Und ich kann auch sagen, wenn mir was mal nicht so schmeckt, ich fühle mich dort einfach wohl, also wie zu Hause. Und das ist, glaube ich, das, was ein tolles Restaurant ausmacht. Und das ist häufig eins mit einer sehr soliden Küche, aber mit einem tollen Service, wo ich persönlich einfach gut behandelt werde. Und ich glaube, das zeigt es ganz gut, wo ganz viele Restaurantbesitzer oder Köche auch den Fehler machen, dass sie das Service unterschätzen.

Alexandra Nagy [00:31:27]:

Und ich glaube, in einem Restaurant ist das Allerwichtigste das Service. Das ist ein wunderbares Endwort oder Endstatement, Ralf. Vielen Dank dafür. Da fällt mir jetzt noch so ein kleines Best Practice Beispiel ein, das die Barbara und ich sehr oft bringen. Und zwar, das passt sehr gut auch zu deinen Sound. Es gibt ja in den USA die Rainforest-Kaffee-Kette und da wird man begrüßt, also wenn man auf seinen Tisch wartet, dann wird man nicht so begrüßt wie ich bringe sie jetzt zu ihren Tisch, sondern dort sagt das Servicepersonal ihr Abenteuer kann beginnen. Und das ist mir jetzt gerade so eingefallen, das passt sehr gut. Also grundsätzlich einmal zum Regenwald Sound von dir, auch zu deinem Beispiel, das du jetzt mit uns geteilt hast, mit der Serviceorientierung in den Restaurants und ein Abenteuer, das du vor vielen Jahren schon bei DHL begonnen hast und mittendrin in diesem Regenwald bist und also, wenn man dir zuhört, sehr viele aufregende Abenteuer dort auch erlebst mit deinen Mitarbeitenden. Wunderbar. Absolut.

Barbara Aigner [00:32:41]:

Ralf, dann vielen, vielen herzlichen Dank. Wir haben uns mit dir total wohlgefühlt und wir danken dir für deine top Informationen, die du mit uns geteilt hast. Für mich war es total spannend. Ich habe, obwohl ich dich schon lange und gut kenne, wieder ganz viele wertvolle Informationen mitgenommen und Wir danken dir ganz ganz herzlich für dein Dabeisein.

Ralf Schweighöfer [00:33:03]:

Vielen Dank und ich habe mich bei euch auch sehr gut aufgehoben gefühlt. Das freut uns.

Alexandra Nagy [00:33:09]:

Danke, bis bald Ralf.

Ralf Schweighöfer [00:33:11]:

Bis bald, ciao, baba. Untertitel der Amara.org-Community